krankheit


 

 

 

 

 

 

Ich stelle mir den Wecker, früh, um was geschafft zu bekommen. Bevor ich schlafen gehe muss ich darüber auch des Öfteren mal herzlich lachen. Als berufstätige bin ich nicht mein eigener Herr, und kann also meine Zeit nicht frei einteilen.

Das ist misst!

Und scheiße, wenn man depressiv ist.

Meist entspinnt sich dann ein relativ konsequenzfreier Dialog zwischen dem Wecker und mir, welcher mich für die nächsten Stunden weiterdösen lässt.

Auch das klingt auf den ersten Blick erstmal extrem schnafte, und danach könnte man sich ja eigentlich mal erheben und diesem schönen Job nachgehen, den man hat.

In meinem Kopf allerdings geschieht etwas anderes.

Ich ärgere mich. Ärgere mich über mich selbst, dass ich nicht die Disziplin habe, einfach die Zähne zusammenzubeißen und mich aus dem Bett zu schwingen. An manchen Tagen kann ich das. An vielen eben nicht. Bis hierhin ist das reine Disziplinlosigkeit. Man darf auch Faulheit sagen. Ich bin da nich so.

Was dann allerdings danach einsetzt ist eine bizarre Spirale.

Ich ärgere mich über mein Verhalten. Und dann ärgere ich mich noch etwas mehr über meine Disziplinlosigkeit. Und damit erreiche ich einen recht eigentümlichen Zustand, welcher mich in eine dieser für viele Depressionen typischen lethargischen Zustände schubst, ganz fies von der Seite, und dann habe ich einfach keinen Bock mehr aufzustehen. Bei Kleinkindern nennt man das Trotz. Keine Ahnung, ob es ein erwachsenes Wort dafür gibt. Bestimmt nicht. Na toll. Noch was, was man dringend mal angehen müsste. Stattdessen denkt man sich aber ganz unterschwellig folgendes Gefühl zusammen:

 

“Ich hab ja ohnehin schon bei dieser Kleinigkeit versagt. Mann is das ätzend. Du bist so ein richtiger Depp, weißt du das eigentlich? Steh doch einfach mal auf. Ja, nee, jetzt muss das auch nich mehr sein, das haste nun schon vergeigt, aber morgen vielleicht nochmal. Lass uns mal bis morgen warten. Das is gut.”

 

Naja – und dann pimmelt man eben im Bett rum, bis mal das

 

 

 

Dann aber – muss man ja irgendwann mal aufstehen.

 

Das macht ein schlechtes Gewissen, denn es ist etwas, was man noch dringend zu erledigen hätte.

 

 

 

Im allerschlimmsten Fall meldet sich dann der vorgesetzter

 

 

Bumm da schreibt der wo man bleib. da muss man sich schnell sich erst eine Ausrede einfallen lassen, warum man den tag nicht gekommen ist .

oder warum man nicht zurückgerufen, geschrieben hat, etc etc.

Das schlechte Gewissen hat sich verdoppelt, zweimal ignoriert, es wartet ein Gespräch, man müsste zurückrufen. So wird aus einem Emailgespräch (welches sich meist ohnehin nur als Wo bleibst du entpuppt man hart voll schlechtem Gewissen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Solche Berge bezwingt jeder normale Mensch mit einem Augenzwinkern.

Für mich können das Tagesaufgaben werden.

Wie ich es dennoch schaffe, regelmäßig genug Geld zu verdienen um nicht zu verhungern – entzieht sich völlig meiner Kenntnis.

 

Viele behaupten, Sport sei gut gegen diese Lethargie.

Wenn Sport bei mir vorbeischauen würde, unangemeldet, und sich nicht darum scherte, dass meine Wohnung aussieht wie der Vorgarten von Mordor – wäre ich da voll bei.

 

Das alles hat dann nämlich leider schon längst nichts mehr mit “zusammenreißen” zu tun – über den Punkt bin zumindest ich innerhalb der ersten Minuten dann hinaus.

 

Ab da läuft ein Programm namens “Schuldgefühle und Lethargie“, welches sich nur schwerlich abbrechen lässt, aber in vollem Bewusstsein der so versickernden Zeit stattfindet.

Lethargie verursacht Schuldgefühle, und diese nun noch mehr Lethargie.

Und das ist nur die Rechnung, die man mit sich ganz allein auszumachen hat.

 

Wenn dann noch Menschen von außen dazustoßen, vielleicht sogar noch Bekante, und einem den guten Ratschlag geben “sich vielleicht einfach mal zusammenzureißen” – potenzieren sich dieser Ärger über sich selbst, die Schuldgefühle, das Bewusstsein, grad so massiv Zeit zu verschwenden als sähe man sich zum dritten Mal die Ballettinterpretation einer Gebrauchsanleitung für Korkenzieher im Fernsehen an.

 

So geht ein extrem anstrengender Tag dann auch zu Ende.

Man hat nix geschissen bekommen, aber immerhin ist man sich dessen auf wirklich jeder Ebene vollends bewusst.

Dann stellt man den Wecker früh.Und dann ist es da die Lust Löslichkeit.

 

 

Mir ist es durchaus bewusst das ist eine Krankheit

 

Ich möchte Depressionen Gesichter geben. Kein Jammer Buch.

ich bin nicht verrückt oder oder faul, etwas falsch im Kopf oder halt n bisschen traurig sondern habe schlichtweg ne nicht ganz so offensichtliche Krankheit,

In diesem Sinne möchte ich dann mal den Anfang machen

Hi, mein Name ist Fikria. Ich habe eine Depression.

 

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