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ihre Stimme

Karen Fröhlich
Jonas, Rudi, Maurice (hinten), Lehrerin Christiane Riechers, Fikria Aab-baz, Lehrerin Nadine Franke und Timo (von links) arbeiten mit Talkern.

Foto: Bernward Comes
2 Fotos

Fikria Aab-baz (27) ist stumm. Sie lernte erst spät den Umgang mit dem Talker und möchte ihr Wissen nun weitergeben.

Ohne Zettel und Bleistift wagte sich Fikria Aab-baz nie aus dem Haus. Nicht etwa, weil sie gerne Dinge notierte. Zettel und Bleistift waren mehr für sie. Sie waren überlebenswichtig, weil sie ihre Stimme ersetzten. Eine Gehirnhautentzündung hatte sie ihr bereits im zarten Alter von zwei Jahren genommen. Mund und Rachen sind seither taub.

Fikria Aab-baz wuchs heran, ging zur Schule für Körperbehinderte. Oft sei sie verzweifelt gewesen, weil Missverständnisse zu ihren ständigen Begleitern wurden. In ihrem Frust habe sie manches Mal reagiert, wie man es nicht durfte. "Ich wusste das, aber ich bin doch nur stumm –nicht dumm. ", sagt sie.

Die Wende kam vor sieben Jahren. Fikria Aab-baz legte ihren Widerwillen gegen den Talker ab, verbannte Papier und Bleistift in die Schublade. Und siehe da, es ging bergauf.

Talker sind Computer, die Menschen wie Fikria Aab-baz Kommunikation ermöglichen. Unter der Tastatur der mehrere tausend Euro teuren Geräte verbergen sich nicht nur Buchstaben und Zahlen, sondern auch individuell programmierbare Worte, Passagen oder sogar ganze Sätze. Die Tasten lassen sich mit Fingern oder durch Augen- und Kopfsteuerung bedienen.

Fikria Aab-baz lässt ihre Finger über die Tastatur fliegen. Eine Unterhaltung mit ihr kennt keine überlangen Pausen. Es sei nicht einfach, sich in alle Tiefen des Talkers hineinzufuchsen, gibt die 27-Jährige unumwunden zu. Wenn der Redefluss anfangs noch oft ins Stocken gerate, sei es auch für Lehrer, Therapeuten und Angehörige nicht ohne, immer Geduld zu bewahren. "Doch es lohnt sich."

Um diese Erkenntnis, die sie selbst "viel zu spät" erlangt habe, weiterzugeben, ist die Tochter marokkanischer Eltern auf Einladung der Lebenshilfe aus ihrer Heimatstadt Essen nach Gebhardshagen gereist. Ihre einwöchige Motivationstour führt sie durch alle Klassen der Tom-Mutters-Schule. Etwa ein Drittel ihrer Schüler besitzt heute elektronische Sprechhilfen, die sie mehr oder weniger gut bedienen können. "Wenn sie es aber tun, staunen wir oft darüber, welches intellektuelle Potenzial in unseren Schülern schlummert", sagt Schulleiter Harry Albeck.

Fikria Aab-baz ist längst eins geworden mit ihrer elektronischen Stimme. Seit Neuestem lernt und spricht sie Englisch mit ihr und hält sogar Vorträge–kurzum Fikria Aab-baz ist Schülern ein leuchtendes Vorbild und Eltern und Lehrern eine gute Beraterin.

Schnell hat sie beispielsweise bemerkt, wie sich der spastisch gelähmte Maurice um den Talker herummogeln kann, weil seine Gesten schon vorher gedeutet werden. Ihr Tipp an Maurice’ Lehrerin Christiane Riechers: "Geben Sie ihm nur zu essen, wenn er mit dem Talker darum bittet. Das ist zwar unbequem, wird ihn aber weiter bringen." Wie recht Fikria Aab-baz hat, zeigt sich schnell. Maurice hat das Gespräch offensichtlich aufmerksam verfolgt und meldet sich plötzlich grinsend zu Wort. "Joghurt, Joghurt, Joghurt", lautet sein unüberhörbarer Wunsch.

Weitere Stationen Aab-baz’ Aufenthalt sind das Lebenshilfe-Wohnheim und die Herman-Nohl-Berufsschule für Gesundheits- und Sozialberufe in Hildesheim. Der Besuch der Beschützenden Werkstatt in Hallendorf, wo sie sich spontan mit einer jungen Talkernutzerin zu einem Stadtbummel verabredete, war ihr ein besonderes Anliegen. Die 27-Jährige ist selbst in einer solchen Werkstatt beschäftigt. Ihre Arbeit, "wenn es denn überhaupt welche gibt" fordert sie nicht. Fikria Aab-baz, die Kämpfernatur, mag sich damit nicht zufrieden geben. Auch damit nicht, dass nach der Schulzeit die Talkernutzung häufig nicht weiter gefördert wird. Die zierliche junge Frau träumt davon, als Talker-Lehrerin und -Beraterin durch die Lande zu ziehen. "Das macht Sinn", ist sie überzeugt.

 

 

 

 

 

                                  

 

 
                        06.05.2018 - 10:00 Uhr
Birgit Franz (Mitte) betreut die integrative Tanzgruppe „Crazy Rockers“.
 
 
 
Foto: Klaus Micke
 
 
ESSEN-BERGERHAUSEN.   Die integrative Tanzgruppe „Crazy Rockers“ aus Essen-Bergerhausen reist für Turniere durch halb Europa. Jetzt steht die Weltmeisterschaft an.
 
Die Tanzschritte sitzen, obwohl gerade keine Musik läuft. Die Gruppe „Crazy Rockers“ ist gut im Training und jetzt von der Deutschen Meisterschaft für integrative Paratänze mit vielen Pokalen, einige für Vize-Titel, aus Norderstedt nach Essen zurückgekehrt. Im Juni treten die Mitglieder bei der Weltmeisterschaft in Bremerhaven an.
 
 
Dabei dachte bei der Gründung im Januar 2014 noch niemand an eine Trophäenjagd, die sie durch halb Europa führen sollte. Damals wollten geistig und körperlich Behinderte aus der Wohngruppe des Vereins Integrationsmodell an der Billebrinkhöhe einfach mal Hiphop-Tanz ausprobieren, zusammen mit Tanzpartnern ohne Behinderung. Aber ihr Trainer Thomas Püttmann-Lentz hatte sie dann bei der Deutschen Meisterschaft in der Para-Klasse angemeldet. Die Herausforderung nahmen sie an.
 
 
„Es geht uns aber nicht ums Gewinnen, sondern darum, Spaß zu haben“, sagt die neueste Tänzerin Fikria Aabbaz, die aus einer anderen Wohngruppe dazugestoßen ist. Das inzwischen titelgekrönte Hobby macht der elfköpfigen Gruppe weiterhin Freude, bedeutet ihr aber noch sehr viel mehr: „Durch Tanz drücken wir unsere Gefühle aus“, sagt Aabbaz, „Wenn man tanzt, vergisst man alle seine Sorgen und lässt sich emotional fallen.“
 
Jubel des Publikums stärkt das Selbstbewusstsein
Einen enormen Nutzen dieses Hobbys sieht auch Birgit Franz, die die Crazy Rockers betreut und die Wohngruppe an der Billebrinkhöhe leitet: Das regelmäßige Training verbessere bei einigen Bewohnern mit einer Körperbehinderung nämlich, was sie im Alltag zu leisten im Stande sind. So habe etwa ein Gruppenmitglied anfangs noch Probleme gehabt, selbstständig die Treppe zu steigen, „das klappt jetzt sehr viel besser“, lobt Franz.
 
Fikria Aabbaz und Stefan Banaschik zeigen stolz den Trophäenschrank mit Pokalen von deutschen und niederländischen Turnieren und von Weltmeisterschaften.
Fikria Aabbaz und Stefan Banaschik zeigen stolz den Trophäenschrank mit Pokalen von deutschen und niederländischen Turnieren und von Weltmeisterschaften. 
Foto: Klaus Micke
Außerdem stärkten die Auftritte und die Titel das Selbstbewusstsein der Hobbytruppe. „Die Leute jubeln alle, wenn wir auf die Bühne kommen“, schwärmt Anita Raasch und Birgit Franz ergänzt, dass das durchaus gut tausend Menschen sind. „Wenn die Zuschauer begeistert sind, dann wissen wir, wofür wir das alles machen“, sagt Jochen Lipski.
 
Freude bereitet den Crazy Rockers allerdings auch, dass sie durch die Turniere die Gelegenheit bekommen, fremde Städte in Europa zu bereisen. In Kopenhagen sind sie etwa bereits angetreten, auch in Graz. „Rimini war besonders cool“, erinnert sich Lipski, „da haben wir am Strand trainiert, bei Meeresrauschen.“ Zudem sind sie dort 2015 Weltmeister geworden.
 
Turnierreisen fühlen sich wie kleine Urlaube an
Ohnehin fühlen sich die Meisterschaftsreisen auch immer wie kleine Urlaube an. „Wir wollen ja nicht nur die Halle sehen“, sagt Birgit Franz. Daher verbindet die Gruppe mit ihren Wettkämpfen immer auch Ausflüge, auf denen sie die Städte und ihre Sehenswürdigkeiten kennenlernen.
 
Wenngleich sie alle auf Bremerhaven und die Nordsee gespannt sind, hoffen sie jedoch, dass eine Weltmeisterschaft sie bald nach
 
                             
 
Frankreich führt. „Wir wollen so gerne nach Paris“, sagt Fikria Aabbaz. Das Schönste wäre aber, da sind sich alle einig, eine Meisterschaft in der Heimat, vor Verwandten und Freunden. „In der Grugahalle anzutreten, das wäre schon was“, sagt Jochen Lipski. „Dann wird der Saal aber richtig voll.“
 
Teilnahme an den Weltmeisterschaften ist kostspielig
Denkbar seien auch Weltmeisterschaften in Japan oder Brasilien, so Franz. Aber sie ist froh, dass sie bisher nur in Europa waren. Denn der Gruppe mit Betreuern, gut 20 Menschen, die Teilnahme zu ermöglichen, sei schwierig, etwa 6500 Euro koste dies. „Sponsoren können wir immer gebrauchen“, sagt Birgit Franz, die Spenden und Fördergeld besorgt, bisher erfolgreich.
 
Selbst wenn künftig aus finanziellen Gründen keine Weltmeisterschaften mehr möglich sein sollten, Fikria Aabbaz ist sich ganz sicher: „Unsere Gruppe bleibt bestehen. Denn sie ist sehr lustig und wir haben immer viel zu lachen.“
 
>> Weitere Mitglieder und Sponsoren gesucht
Die Crazy Rockers suchen noch Mitstreiter mit oder ohne Behinderung. Sie sind eine offene Gruppe zwischen 20 Jahren und Anfang 60. Trainiert wird momentan, wegen der WM des Verbands TAF, zweimal pro Woche: dienstags um 17.30 Uhr im Forum Billebrinkhöhe, samstags um 11 Uhr in der ADTV Tanzschule Lentz in Rüttenscheidt.
Die Crazy Rockers treten auch bei Benefizveranstaltungen auf.
Gesucht werden auch Sponsoren; Kontakt: Birgit Franz,
254628, franz@im-essen.de
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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                    INTEGRATIVE KULTUR
 
Essen: Stumme Autorin liest mit Sprachcomputer vor
 
Asgard Dierichs 13.01.2020 - 15:43 Uhr
 
Fikria Aabbaz, Essener Autorin mit marokkanischen Wurzeln, präsentierte ihre Bücher im Zentrum auf der Billebrinkhöhe in Essen-Bergerhausen mit Hilfe eines Sprachcomputers.
 
Foto: Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services
 
ESSEN-BERGERHAUSEN.  Eine ungewöhnliche Lesung bewegte das Publikum im Forum für inklusive Kultur in Essen. Die fast stumme Fikria Aabbaz stellte ihre Bücher vor.
 
Die fast stumme Autorin Fikria Aabbaz hielt eine bewegende Lesung in Essen-Bergerhausen ab. Die Essenerin trug mit Hilfe eines Sprachcomputers Texte aus ihren Büchern vor.
 
Rund 60 Zuhörer im Forum für inklusive Kultur auf der Billebrinkhöhe erhielten sehr persönliche Einblicke in das so ganz andere Leben der 36-Jährigen. Die Autorin aus Essen hat seit vielen Jahren ein Handicap: Eine Viruserkrankung in der Kindheit nahm ihr fast komplett die Stimme. Vor 18 Jahren entdeckte Fikria Aabbaz einen neuen Weg, sich mitzuteilen. Durch einen speziellen Sprachcomputer vermittelt sie Worte, Gedanken und Wünsche.
 
 
 
Zur Lesung sitzt die Autorin nicht an einem Tisch. Sie steht vor ihrem Publikum, in den Händen ihren Sprachcomputer. Gespannte Blicke im Saal richten sich auf die junge Frau. Die tippt versiert auf das Gerät. „Ist die Lautstärke so richtig?“, lässt sie eine sympathische Computerstimme fragen. Die Zuhörer sind zufrieden. Dann drückt Fikria Aabbaz wieder ein paar Knöpfe am so genannten Talker und bringt eine ergreifende Geschichte zu Gehör.
 
Die Sprachbehinderung wurde durch eine Nervenkrankheit ausgelöst
„Ich bin gesund in Marokko geboren. Als ich zwei Jahre alt war, emigrierte meine Familie nach Deutschland. Wir sind alle mit dem Flugzeug nach Deutschland gekommen.“ Das alles verliest „Marlene“, wie die Stimme des Computers heißt. Gleich nach der Landung habe das Mädchen ins Krankenhaus gemusst, weil sie nicht mehr laufen konnte. Die Ärzte stellten eine schwere Nervenkrankheit fest, ausgelöst durch eine Virusinfektion. Viele Monate wurde Fikria Aabbaz als Kind stationär behandelt. „Ich war schon damals eine Kämpferin, doch die Infektion hinterließ ihre Spuren – und das nicht zu wenig, und ich musste erst wieder laufen lernen.“
 
 
Der Sprachcomputer gibt Fikria Aabbaz eine Stimme und erleichtert so ihren Alltag deutlich. 
Foto: Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services
Geblieben ist eine Lähmung im Mundbereich, die bis heute für die Sprachbehinderung sorgt. Sprechen fällt Fikria Aaabaz sehr schwer. Kaum jemand versteht sie, wenn sie versucht, mit dem Mund zu kommunizieren.
 
Als 14-Jährige lernte Fikria Aabbaz an einer Essener Förderschule das Lesen und Schreiben. Fortan hielt sie schriftlich fest, was sie sagen wollte, teilte sich intensiver ihrem Umfeld mit. Doch eines wird sie nie vergessen. „Der 17. April 2002 ist ein besonderer Tag in meinem Leben, mit ihm veränderte sich vieles wieder zum Positiven. An diesem Tag wurde mir meine neue Stimme in Form eines Sprachcomputers überreicht.“
 
Mehr Lebensqualität durch den Sprachcomputer
Den Umgang mit dem mobilen Hilfsmittel hat sich Fikria Aabbaz mühevoll selbst beigebracht und seitdem einiges an Lebensqualität gewonnen. Über Erfahrungen mit dem elektronischen Begleiter berichtet sie immer wieder, meist in Schulen, aber auch im Internet, auf ihrer Homepage oder im Video-Portal „You Tube“.
 
Integrationsmodell führt das Forum auf der Billebrinkhöhe
Das „Forum Billebrinkhöhe Inklusive Kultur“ ist eine Initiative des Vereins Integrationsmodell, Orts­ver­band Essen, in Zusammenarbeit mit dem Verein ZIKK (Zentrum für Inklusive Kunst und Kultur) und der Ev. Kirchengemein­de Bergerhausen. Das bis hrige evangelische Gemeindehaus steht allen offen: Menschen mit und ohne Behinderungen, Heimatsuchenden und Einheimischen, Kindern und Erwachsenen aller Rligionen.
 
Infos und Angebote
 
Forum Billebrinkhöhe - Inklusive Kultur
 
 
Adresse:
Billebrinkhöhe 72
45136 Essen
Neue Telefonnr.: 0201 / 45 88 22 46 (mit Anrufbeantworter!)
 
Ansprechpartnerin:
M..M..
 
Träger:
Integrationsmodell Ortsverband Essen e.V.
 
Oder bei mir Melden und ich leite es weiter 
l.g 
Fikria 
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
                22.2.2020    16:50
 
STUMME AUTORIN AUS ESSEN FREUT SICH ÜBER ERSTE ERFOLGE
 
ESSEN-HUTTROP.  Nach der Lesung im inklusiven Kulturforum an der Billebrinkhöhe sind für die Huttroper Autorin Fikria Aabbaz einige Wünsche wahr geworden.
 
„Jetzt muss ich wohl eine Party schmeißen“, sagt Fikria Aabbaz (36). Sie ist überglücklich. Ein lang ersehnter Wunsch hat sich erfüllt. Ihr erstes Buch, „Kraft der Stimme: Die Geschichte von Fikria“, das sie erstmals Ende 2018 in einem Online-Verlag veröffentlicht hatte, kann jetzt in der Essener Stadtbibliothek ausgeliehen werden. Bis dahin war es ein langer Weg für die sprachbehinderte Autorin.
 
 
Die aus Marokko stammende Frau hat ihre Lebensgeschichte in Worte gefasst. Sie schildert sehr persönliche Erlebnisse, die mit ihrem ganz besonderen Schicksal zusammenhängen. Seit einer Viruserkrankung in der Kindheit ist Fikria Aabbaz sprachlich beeinträchtigt, sie kann wegen einer Lähmung im Mundbereich kaum sprechen.
 
 
INTEGRATIVE KULTUREine ungewöhnliche Lesung bewegte das Publikum im Forum für inklusive Kultur in Essen. Die fast stumme Fikria Aabbaz stellte ihre Bücher vor.
Essen: Stumme Autorin liest mit Sprachcomputer vor
Um sich mitzuteilen, nutzt sie seit 2002 einen speziellen Sprachcomputer, einen so genannten „Talker“, ein Gerät zur Unterstützten Kommunikation (UK). In einer ergreifenden Lesung im inklusiven Forum-Forum an der Billebrinkhöhe in Bergerhausen hatte Aabbaz Mitte Januar öffentlich ihre Probleme im Alltag durch Passagen aus dem Buch bewusst gemacht (wir berichteten). Auf den Zeitungsartikel bekam sie sehr viel Zuspruch.
 
Ein Ehepaar aus der Nachbarschaft gratulierte
Ein paar Tage nach dem Bericht fand sie zunächst ein Schreiben in ihrem Briefkasten in Huttrop: Ein Ehepaar aus der Nachbarschaft gratulierte mit dem Ausschnitt aus der Zeitung persönlich zum Auftritt im inklusiven Zentrum und wünschte weiter viel Erfolg. Und der stellte sich kurz darauf ein: Eine junge Frau aus Herne meldete sich auf Aabbaz’ Online-Kleinanzeige, und ein großer Wunsch der Autorin wurde wahr. Die 56 Seiten umfassende Text aus ihrem jüngsten Werk „Gemeinsam sind wir stark!“sprach die Hernerin für sie als Hörbuch ein – gegen ein kleines Honorar.
 
Aabbaz erhielt schließlich einen Stapel CDs davon. „Es hat ein paar Tage gedauert. Sie hat alles mit Mikrofon aufgenommen“, teilt die Autorin per Mail mit. Und fügt mit ein paar glücklichen Smileys an: „Ein Wunder, mein erstes Hörbuch ist da!“
 
 
Ihren Talker hat die Huttroperin immer dabei. Der tragbare Sprachcomputer gibt ihr eine Stimme. Selbst sprechen kann die 36-Jährige als Folge einer Virusinfektion nur sehr schwer. 
Ihren Talker hat die Huttroperin immer dabei. Der tragbare Sprachcomputer gibt ihr eine Stimme. Selbst sprechen kann die 36-Jährige als Folge einer Virusinfektion nur sehr schwer. 
Foto: Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services
Ermutigt durch die gute Resonanz auf die Lesung fragte sie in einigen Essener und Mülheimer Buchhandlungen, ob sie „Kraft der Stimme
 
 

      

 

 

 

 

 

 

 26.04.2019 - 10:02 Uhr
 
LEBENSBERATUNG
Sebastian Bauerschäfer  
Die Ratsuchenden Helga und Franz-Josef Venzke im Gespräch mit Beraterin Katrin Meyer (Mitte).
 
Foto: Vladimir Wegener
OBERHAUSEN.   Ein Jahr EUTB: Martina Jeske und Katrin Meyer raten Menschen zur Selbsthilfe. Ihr eigenes Handicap hilft ihnen dabei, anderen zu helfen.
 
„Nichtstun macht irgendwann wahnsinnig,“ sagt die weibliche Computerstimme. Fikria Abbaz tippt weiter. Das schwarze Gerät in ihrer Hand ist ein „Talker“ und ungefähr so groß wie ein Tablet-PC. Ohne diesen Sprachcomputer hätte Fikria Abbas keine Stimme; sie könnte nicht sagen (lassen), wie es ihr geht. Sie ist seit ihrem zweiten Lebensjahr stumm.
 
 
Weg aus dem Behörden-Dschungel
Menschen mit Behinderungen – so wie Fikria Abbaz –, chronisch Kranke und deren Angehörige können seit einem Jahr eine zentrale Anlaufstelle in Oberhausen aufsuchen, die Hilfe verspricht: Gegenüber dem Evangelischen Krankenhaus (EKO) öffnet im April vergangenen Jahres ein kleines Büro der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung“, kurz EUTB, das vom Bund gefördert wird. Neutral und unabhängig sollen Betroffene dort Rat von Betroffenen erhalten.
 
 
„Die Nachfrage ist da“, sagt Beraterin Katrin Meyer (49). „2018 haben wir in neun Monaten 120 Menschen beraten — die haben wir in diesem Jahr bereits im April erreicht.“ Dabei sind die Termine bei EUTB schon allein deshalb besonders, weil sich Katrin Meyer und Kollegin Martina Jeske für die Hilfesuchenden viel Zeit nehmen. „Arbeit zu finden ist trotzdem verdammt schwer“, erklärt Fikria Abbaz mit flinken Fingern auf ihrem „Talker“. Martina Jeske nickt ihr zu.
 
Werbung für die Beratungsstelle
Die beiden verstehen sich gut, obwohl Jeske als Beraterin selbst mit einem Handicap lebt und schwerhörig ist. „Auf Augenhöhe“, nennt die 40-Jährige daher ihre Arbeit. „Trotzdem wissen viele immer noch nicht, dass es uns gibt“ meint Katrin Meyer und schwenkt einen der weißen Flyer der Beratung auf und ab.
 
Werbung in eigener Sache betreiben die beiden genug: Rund 80 Termine bei Ärzten, in Kliniken, Schulen, Krankenkassen und Wohlfahrtsverbänden haben sie bislang absolviert. Die Vermittlung von Ärzten und aus Schulen stockt, aber dafür finden immer öfter Betreuer oder Pflegekräfte anderer Träger den Weg zur Virchowstraße 39. „Ob die Mutter mit einem schwierigen Kind oder der Analphabet, der sich im Behörden-Dschungel verirrt — wir versuchen jedem zu helfen“, betont Martina Jeske, wie vielseitig die Hilfe sein kann.
 
 
Kein Almosen, sondern Rechtsanspruch
Fikria Abbaz kommt dafür extra aus Essen angereist, obwohl es dort die gleichen Beratungsstellen gibt. Wohnorte sind genauso egal wie die Art des Problems. Die Beraterinnen vermitteln vor allem in Selbsthilfegruppen aus Oberhausen, deren Zahl deutlich im dreistelligen Bereich liegt. Therapiert werde bei EUTB keiner. „Wir sehen uns eher als Lotsen und geben Tipps und Ratschläge. Rechtsberatung und Widerspruchs-Hilfe bei Amtsbescheiden können und dürfen wir aber nicht leisten“, erklärt Katrin Meyer.
 
Familie Venzke aus Oberhausen ist vor kurzem erst auf die EUTB gestoßen. Franz-Josef (70) hat Parkinson, seine Frau Helga (68) ist schwerhörig. „Ich finde, dass gerade ältere Menschen mehr Infos brauchen, die man hier im Büro bekommt“, lobt Franz-Josef Venzke die EUTB. Im Internet seien viele Ältere nicht mehr unterwegs, Ärzte hätten zudem weniger Zeit für ihre Patienten, Erklärungen fehlten, das seien alles Dinge, bei denen das EUTB einspringe, sagt er. „Ohne die Informationen kann niemand selbstbestimmt leben, weil er gar nicht weiß, was ihm an Hilfe zusteht. Das ist oft kein Almosen, sondern ein Rechtsanspruch, den man da hat.“
 
>>> Info: Hilfesuchende sollten Termin vereinbaren
Die Beratung ist kostenlos, für eine ausführliche Hilfe sollten Betroffene einen Termin vereinbaren: 0208-82 47 534 oder -535, jeske@eutb-oberhausen.de, meyer@eutb-oberhausen.de.
 
Fikiria Abbaz, Ratsuchende in Oberhausen, berät zudem auch selbst Menschen, die mit einem „Talker“ nicht vertraut sind, aber wieder eine „Stimme“ haben wollen, um sich mit anderen auszutauschen.
 
Auf ihrer Website talker-hilfe.de sind Erklärvideos verlinkt. Infos und Anfragen am besten per E-Mail: info@talker-hilfe.de
 
 
 

 

 

 

 

 
 
        03.05.2013 - 18:57 Uhr
 
INKLUSION
Gordon K. Strahl
 
Projektleiterin Eva Caesar (2 . v. l.) mit Mitglieder der Gruppen  „Nicht ohne uns“ der Aktion Menschenstadt.
 
Foto: Strahl
 
 
Wenn die Gruppe „Nicht ohne uns“ heute Nachmittag auf dem Kennedyplatz Lose verteilt, kann man nichts gewinnen – „nur Erfahrungen“, lacht Viktor Hanke. Wie die meisten anderen Mitglieder der Gruppe lebt er in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen. Mit ihrer Aktion wollen die Teilnehmer die Passanten für die Schicksale anderer Menschen sensibilisieren.
 
 
„Jeder hat sein Los zu tragen“, meint Ulli Briehn. „Mal ist es ein gutes, mal ein schlechtes.“ Mit dieser Aktion habe man die Möglichkeit, sein „Los“ zu teilen, seine Geschichte für andere sichtbar zu machen. Nach klinischer Definition gilt er als geistig behindert – er selbst bezeichnet sich lieber als „Mensch mit Lernschwierigkeiten“.
 
Oder die Geschichte von Fikria Abbaz: Bereits in ihrer Kindheit ist die heute 30-Jährige an Herpes Encephalitis, einer Hirnentzündung, erkrankt. Im Krankenhaus musste sie mühsam das Laufen neu erlernen. Doch der Mund blieb gelähmt: Sprechen kann sie bis heute nicht. Um mit anderen Menschen zu kommunizieren, benutzt sie einen Sprachcomputer, einen Talker. „Heute helfe ich anderen bei der unterstützten Kommunikation mit dem Talker“, berichtet sie.
 
Auch sie ist Mitglied bei „Nicht ohne uns“: Vor drei Jahren kam die Gruppe im Rahmen einer Fachtagung für Menschen mit Lernschwierigkeiten zusammen. „Einige Teilnehmer wollten sich darüber hinaus noch engagieren“, so Projektleiterin Eva Caeser, Projektleiterin bei der „Aktion Menschenstadt“, die die Tagung mit anderen Institutionen organisierte. Seitdem trifft sich die Gruppe einmal im Monat, um an weiteren Themen und Aktionen zu arbeiten.
 
Wie heute Nachmittag auf dem Kennedyplatz: Anlass ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. In ganz Deutschland finden an diesem Wochenende Aktionen statt. Auf dem Essener Kennedyplatz informiert die Aktion Mensch in Kooperation mit Aktion Menschenstadt und dem Kirchenkreis Essen zwischen 12 und 16 Uhr unter dem Motto „Ich bin entscheidend“, und sie lädt zu Spielen wie Menschenkicker oder Würfelpuzzle ein.
 
 

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